Eine 96jährige Bewohnerin des Altenzentrums Korntal berichtet, wie sie die Zeit mit Corona erlebt.
Wie geht es Ihnen gerade?
Körperlich recht ordentlich. Ich kann mit meinen über 96 Jahren noch gut lesen, denken, schreiben, laufen und brauche weniger Pflege
Und jetzt mit Corona?
Nun, wir schicken uns in diese Zeit. Es hat ja keinen Wert, sich dagegen zu stellen. Dass wir aber mindestens zwei Meter auseinander bleiben sollen, ist schwierig. Ich kann die anderen auf diese Entfernung nicht gut verstehen. Und dass wir beim Essen nicht mehr selbst zum Salz und Zucker greifen können, ist auch schwierig. Dieser Abstand ist eine große Einschränkung, sehr unangenehm, ein Verzicht für alle. Dass unsere Gemeinschaft dadurch gestört ist und wir nicht mehr zur Andacht zusammenkommen können, das schmerzt uns.
Wie halten Sie Kontakt zu Ihren Verwandten?
Meine leibliche Schwester wohnt auch hier im Altenzentrum. Sie ist pflegebedürftig, aber ich kann ja noch laufen und sie besuchen. Das ist für mich eine echte Freude! Ich habe drei Kinder, die schauen nach uns. Jetzt machen sie das telefonisch. Mein Sohn ist Arzt und wohnt in Backnang. Meine Tochter beschäftigt sich mit Musik und lebt in Fellbach. Die andere Tochter arbeitet als Psychologin in ihrer Praxis in Stuttgart. Meine Kinder können auch Sachen für uns an der Tür abgeben. Nur der persönliche Kontakt geht jetzt leider nicht.
Haben Sie schon einmal eine solche Situation erlebt?
Ich habe eine Menge Höhen und Tiefen erlebt, aber so etwas gab´s noch nie. Ich war Krankenschwester, mein Mann Arzt. Wir haben ein Kind im Alter von sechs Jahren verloren. Das war schwer. Und als Jahrgang 1923 habe ich die Hitlerzeit und den Krieg erlebt. Auch das war schlimm. Aber die Zeit mit Corona ist anders schwer. Es ist nur wenig Begegnung möglich, wir können kaum miteinander sprechen. Das ist schwierig. Aber Angst wegen Corona habe ich nicht.
Wie sieht ihr Alltag aus, mit all den Einschränkungen?
Wenn möglich dürfen wir eine Stunde raus ins Grüne. Ich freue mich sehr an der Natur, an den Blumen und Blättern. Wir haben draußen sogar eine musikalische Unterhaltung vom Posaunenchor. Langeweile habe ich aber nicht. Im Regal stehen viele Bücher. Noch wichtiger ist mir die Bibel, die ich trotz der kleinen Schrift lesen kann. Wir sind froh, wenn wir diese Zeit überstehen.
Herzlichen Dank für unser Gespräch!